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Das Kraftzentrum im Norden


Als technologieaffines und zukunftsorientiertes Land nimmt Norwegen eine herausragende Stellung in Europas Wirtschaft ein. Erfahren Sie in diesem Interview mehr über das Partnerland der HANNOVER MESSE 2024, seinen Weg hin zur Dekarbonisierung und Pepperl+Fuchs' Aktivitäten vor Ort.

Wasserkraftwerk in Norwegen

Ein Kraftzentrum für Energie und Digitalisierung – mit diesem eindrücklichen Sinnbild beschrieb Jochen Köckler, Vorsitzender des Vorstandes Deutsche Messe AG, im Vorfeld der Hannover Messe 2024 die herausragende Stellung Norwegens innerhalb der europäischen Wirtschaft. Tatsächlich kann sich das diesjährige Partnerland der weltweit führenden Industriemesse dort zu Recht selbstbewusst unter dem Motto „Pioneering the Green Industrial Transition“ präsentieren: Mittlerweile ist Norwegen für alternative Energieträger ähnlich bekannt wie für seine spektakulären Landschaften. Welcher Zusammenhang zwischen der Naturschönheit und der Dekarbonisierung besteht und wie Pepperl+Fuchs in Norwegen agiert, erklären im Interview Robert Aasen Kverndalen (System and Solution Engineer, Factory Automation) und Jarle Groenstein (Sales Manager, Process Automation).

Robert Aasen Kverndalen (System and Solution Engineer, Factory Automation) und Jarle Groenstein (Sales Manager, Process Automation)
Robert Aasen Kverndalen (System and Solution Engineer, Factory Automation) und Jarle Groenstein (Sales Manager, Process Automation)

Starkes Team in Norwegen: Robert Aasen Kverndalen (System and Solution Engineer, Factory Automation) und Jarle Groenstein (Sales Manager, Process Automation)


Herr Kverndalen, Herr Groenstein, welche Rolle spielt die Hannover Messe in Norwegen?
Robert Aasen Kverndalen: Als weltweit größte Messe ihrer Art ist die Hannover Messe natürlich auch im industriellen Umfeld in Norwegen bestens bekannt und genießt einen sehr guten Ruf. Sicherlich werden sich durch die Messe die ohnehin schon engen geschäftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und Norwegen weiter intensivieren. Die zu erwartende mediale Berichterstattung rund um die Hannover Messe wird zudem auch ihre allgemeine Bekanntheit in der norwegischen Bevölkerung noch einmal steigern.
Jarle Groenstein: Ich denke, die Entwicklungsgeschichte von Pepperl+Fuchs hier im Lande ist ein ausgezeichnetes Beispiel für die internationale Relevanz dieser Veranstaltung. Unsere Geschäftsaktivitäten in Norwegen gehen nämlich auf Kontakte zurück, die 1968 auf der Hannover Messe entstanden. Ein Distributor von Automatisierungskomponenten in Norwegen nahm nach Gesprächen auf der Messe die Produkte von Pepperl+Fuchs in sein Portfolio auf. Das war der Startpunkt für unsere heutige Präsenz in Norwegen. Die Hannover Messe ist also seit über 50 Jahren eine wichtige Kommunikationsplattform für uns.

Wie ist Pepperl+Fuchs heute in Norwegen aufgestellt?
Jarle Groenstein: Seit 2006 unterhält Pepperl+Fuchs eine hundertprozentige Tochtergesellschaft in Norwegen. Diese liegt in Porsgrunn in der Provinz Telemark, einer vergleichsweise kleinen Stadt mit knapp 40 000 Einwohnern. Aktuell sind hier 14 Mitarbeitende beschäftigt, die meisten von uns sind seit Beginn an dabei. Diese Kontinuität und das damit einhergehende große Know-how sind ein wesentlicher Erfolgsfaktor. Umgekehrt ist es auch für uns Mitarbeitende sehr befriedigend zu sehen, wie wir über die Jahre diesen Erfolg mitgestaltet haben.

Porsgrunn, Telemark
Porsgrunn, Telemark

Porsgrunn in Telemark ist der Sitz der norwegischen Tochtergesellschaft von Pepperl+Fuchs.


Warum fiel die Wahl auf den Standort Porsgrunn und nicht auf eine der Metropolen wie Oslo, Bergen oder Stavanger?
Robert Aasen Kverndalen: Mir scheint, wir haben hier ein kleines Imageproblem (lacht). Nein, ohne Zweifel ist Porsgrunn über die Grenzen Skandinaviens hinaus vermutlich kaum bekannt. Das schmälert aber nicht seine Rolle für die Wirtschaft Norwegens. Die Kommune ist seit circa einhundert Jahren ein echter Hotspot der Industrie des Landes. So befindet sich der größte zusammenhängende Industriekomplex Norwegens auf der zu Porsgrunn gehörenden Halbinsel Herøya. Auch in Sachen technischer Ausbildung nimmt die Kommune mit einer eigenen technischen Fachschule sowie der Möglichkeit des Ingenieursstudiums am hiesigen Standort der Universität Südost-Norwegen eine führende Rolle ein.
Jarle Groenstein: Abgesehen von der eigenen wirtschaftlichen Stärke muss man auch die Lage Porsgrunns betrachten. Die Gemeinde liegt zentral. Wir können von unserer Niederlassung aus mit Oslo, Drammen und Kristiansand drei der zehn größten Städte des Landes in maximal zwei Stunden Fahrtzeit erreichen. So können wir für unsere Kunden dort schnell vor Ort sein und sie bei der Auswahl von Produkten beraten oder bei der Umsetzung von Anwendungen unterstützen. Der Wunsch nach einem guten persönlichen Kontakt und kurzen Entscheidungswegen ist für langlebige Geschäftsbeziehungen in Norwegen entscheidend. Dem können wir von Porsgrunn aus sehr gut entsprechen.

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Energie aus Wasserkraftwerken hat sich zu einem der wichtigsten Exportgüter unseres Landes entwickelt.

Jarle Groenstein (Sales Manager, Process Automation)

Bedarf an Automatisierungskomponenten und Hochtechnologie scheint jedenfalls reichlich zu herrschen. Das ganze Land wirkt überaus fortschrittsgetrieben. Beispielsweise sticht einem die hohe Dichte an Elektroautos bei einem Besuch Norwegens sofort ins Auge. Wie ist das zu erklären?
Robert Aasen Kverndalen: Das ist tatsächlich nicht nur die persönliche Wahrnehmung von Besuchern unseres Landes, sondern lässt sich auch durch die Zulassungszahlen belegen. 2023 machten emissionsfreie Fahrzeuge mehr als 80 Prozent der Neuzulassungen in Norwegen aus, darunter an erster Stelle Tesla mit mehr als 25 000 Fahrzeugen. Meines Erachtens sind es verschiedene Faktoren, die die hohe Verbreitung von Elektroautos in Norwegen begünstigt haben. Zunächst sind wir Norweger generell ein technologieaffines Volk, das eine Freude an Fortschritt hat und neuen Technologien gegenüber sehr aufgeschlossen ist, das gilt für den Geschäftsbereich wie auch das Privatleben. Insofern war bei uns im Land direkt ein guter Nährboden für das Thema Elektromobilität vorhanden. Zudem wurden Elektroautos durch den Staat Norwegen in den vergangenen zehn Jahren sehr aktiv gefördert. Beispielweise war zu Beginn keine Mehrwertsteuer bei Kauf eines Elektroautos fällig und Maut- und Parkgebühren fielen geringer aus.
Jarle Groenstein: Nicht zuletzt hat der vergleichsweise geringe Strompreis in Norwegen dazu beigetragen, dass Elektroautos schnell als sehr attraktives Beförderungsmittel wahrgenommen wurden. Da Wasser in Form von Fjorden, Flüssen und Seen hier nahezu überall verfügbar ist, gibt es viele Möglichkeiten, Wasserkraftwerke zu errichten, die günstigen Strom erzeugen. Die reine Anzahl solcher Wasserkraftwerke ist in Norwegen zwar deutlich geringer als etwa in Deutschland. Dafür arbeiten diese aber aufgrund der großen Gewässervolumen und günstigen Gefälle in den norwegischen Fjord- und Hochplateaulandschaften extrem effektiv. Davon profitieren sowohl die Privatverbraucher als auch der Staat, in dessen Besitz sich nahezu sämtliche Wasserkraftwerke befinden. Energie aus Wasserkraftwerken hat sich zu einem der wichtigsten Exportgüter unseres Landes entwickelt. Mittlerweile bezeichnen wir Norweger diese regenerative Energie scherzhaft als unser „arvesølvet“, was übersetzt so viel bedeutet wie „Familiensilber“.

Weg vom „schwarzen Gold“ hin zum „Familiensilber“ – lässt sich so der sozioökonomische Wandel innerhalb der norwegischen Gesellschaft beschreiben?
Robert Aasen Kverndalen: Ja, so kann man die Situation zusammenfassen. Die gewaltigen Öl- und Gasvorkommen haben Norwegen zu einem der wohlhabendsten Länder der Welt gemacht, und noch immer existieren reichhaltige Vorkommen, die abgebaut werden können. Es ist aber jedem klar, dass es eine Zeit danach geben wird. Also hat man die Notwendigkeit erkannt, frühzeitig die wirtschaftlichen Weichen zu stellen.
Jarle Groenstein: Ein wichtiger Baustein hierbei ist der bekannte norwegische Staatsfonds, der mit dem Ziel gegründet wurde, die Einnahmen aus dem Öl- und Gasgeschäft bestmöglich in Hinblick auf die Zukunft zu investieren. Mittlerweile hält dieser Fonds, der letztes Jahr übrigens einen Rekordgewinn erzielte, 1,5 Prozent aller börsennotierten Aktien weltweit. Parallel dazu gibt es staatliche Initiativen wie „Innovation Norway“, welche die norwegische Wirtschaft dabei unterstützen, neue Industrien und Geschäftsfelder zu erschließen.

Wie positioniert sich Pepperl+Fuchs innerhalb dieses Wandels?
Robert Aasen Kverndalen: Innerhalb dieses transformativen Prozesses sehen wir uns als einen wichtigen und vor allem vielseitigen Partner für unsere Kunden aus den verschiedensten Bereichen. Die Produkte und Lösungen von Pepperl+Fuchs werden überall gebraucht: Der schrittweise Umbruch von den „klassischen“ Produktionsumgebungen der Fabrik- und Prozessautomation und fossilen Energieträgern hin zu zukunftsgerichteten, vernetzten IIoT-Produktionen und regenerativen Energien benötigt die verschiedensten Automatisierungskomponenten und die dazugehörige Lösungskompetenz.
Jarle Groenstein: Die bereits heute bei Pepperl+Fuchs vorhandenen Kompetenzen werden in den kommenden Jahren in Norwegen stärker denn je gefragt sein. Nehmen wir als Beispiel den elektrischen Explosionsschutz, für den Pepperl+Fuchs weithin bekannt ist. Dieser wird im Bewusstsein oftmals unmittelbar mit der Öl- und Gasindustrie verbunden. Doch auch innerhalb der Wertschöpfungskette von Wasserstoff sind Explosionsschutzregularien zu beachten. Hier werden die Produkte und Lösungen von Pepperl+Fuchs an zahlreichen Stellen eingesetzt. Das beginnt beim Elektrolyseverfahren und reicht über den Transport des Wasserstoffs bis hin zu seiner Nutzung in Industrieanlagen oder an Wasserstofftankstellen. Das Spektrum der hierbei verwendeten Pepperl+Fuchs Produkte umspannt Ex-e-Klemmenkästen, Überdruckkapselungssysteme und NAMUR-Sensoren sowie verschiedenste Interface-Komponenten. Dazu zählen neben dem revolutionären Ethernet-APL Rail Field Switch auch Remote-I/O-Systeme oder klassische Trennbarrieren für eigensichere 4…20-mA-Kommunikation.

Das gerade genannte Elektrolyseverfahren gilt als sehr energieintensiv. Wirklich „grün“ ist der Wasserstoff also nur, wenn die Elektrolyse ohne Einsatz fossiler Energien stattfindet. Hier sollte Norwegen ja durch die zahlreichen Wasserkraftwerke bestens aufgestellt sein?
Robert Aasen Kverndalen: Das ist grundsätzlich richtig, aber wie wir vorhin besprochen haben, ist Energie aus regenerativen Quellen mittlerweile ein wichtiges Exportgut Norwegens. Insofern ist das Land bestrebt, neben Wasserkraft auch weitere Energiequellen zu erschließen. Nur so ist sichergestellt, dass ausreichend Energie sowohl für den Export als auch für den eigenen Verbrauch vorhanden ist. Hier kommt dann als zusätzliches Werkzeug die Windenergie ins Spiel. Die lange Küstenlinie Norwegens bietet ausgezeichnete Voraussetzungen, um Offshore-Windparks zu betreiben. Auch auf dem Festlandsockel Norwegens entstehen immer neue Windkraftanlagen. Zur zuverlässigen und effektiven Nutzung all dieser Windräder im oft rauen norwegischen Klima muss natürlich entsprechend robuste Industriesensorik eingesetzt werden. Hier unterstützt Pepperl+Fuchs etwa mit Drehgebern, Schwingungssensoren und induktiven Näherungsschaltern, durch die eine optimale Energieausbeute gesichert wird.

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Wie auch immer der Energiemix in einem vollständig dekarbonisierten Norwegen aussehen wird: Pepperl+Fuchs leistet mit seinen Produkten und Lösungen einen wichtigen Beitrag zu diesem Wandel.

Robert Aasen Kverndalen (System and Solution Engineer, Factory Automation)

Wir haben über Wasserkraft, Wasserstoff und Windkraft gesprochen. Lassen Sie uns abschließend einen Blick auf den bisher noch nicht thematisierten Vertreter der regenerativen Energieträger werfen – Solarenergie. Wie gestaltet sich hier die Situation in Norwegen?
Jarle Groenstein: Sicher liegt der Gedanke nah, dass für Solarenergie in Norwegen durch die langen, dunklen Winter suboptimale Bedingungen herrschen. Umgekehrt steht jedoch in den Sommermonaten, in denen die Sonne teilweise gar nicht untergeht, überproportional viel Sonnenlicht zur Verfügung. Dass kürzlich sogar auf Spitzbergen, Europas nördlichstem Punkt, eine Solaranlage mit 360 Modulen in Betrieb gegangen ist, spricht für die vorhandenen Potenziale.
Robert Aasen Kverndalen: Rein prozentual betrachtet ist die Solarenergie gegenwärtig noch kein relevanter Faktor im Energiemix unseres Landes. Wie mein Kollege gerade ausgeführt hat, wird sich das künftig aber eventuell ändern. Als Exportgut spielt die Solartechnologie hingegen bereits heute eine Rolle in Norwegen: Hierzulande gefertigte Solarpanels werden in alle Welt exportiert. Auch dafür bietet Pepperl+Fuchs Lösungen wie etwa Sensoren für die Erfassung von Solar- und Photovoltaikwafern in den Fertigungsstrecken oder RFID-Systeme für nachgelagerte Track-and-Trace-Anwendungen. Wie auch immer der Energiemix in einem vollständig dekarbonisierten Norwegen aussehen wird: Pepperl+Fuchs leistet mit seinen Produkten und Lösungen einen wichtigen Beitrag zu diesem Wandel.