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Auf Amundsens Spuren


Main Navigation 14.09.2021


Eine speziell für Marine-Equipment maßgeschneiderte Lösung, bestehend aus einem Neigungssensor in einem explosionsgeschützten Gehäuse, sorgt auch im stürmischen Polarmeer für ein sicheres Absenken massiver Ankerketten.

SOLUTIONS
by PEPPERL+FUCHS

Ankerwinde

Equipment im Dauerstress

Wasser und Öl – zwei Substanzen, die sich bekanntlich nicht miteinander vermischen. Und doch gibt es ein Land, das vom Zusammenspiel dieser beiden Flüssigkeiten geprägt wird wie kaum ein anderes: Das von Myriaden Fjorden, Seen und Flüssen zerfurchte Norwegen. Das hier überall präsente Wasser bietet nicht nur Erholung für die einheimische Bevölkerung und einen stetig steigenden Strom an Touristen. Gleichzeitig birgt es Norwegens größten wirtschaftlichen Schatz: Erdöl und Erdgas. Bei dessen Förderung verwendetes elektrisches Equipment wird durch die rauen, nordeuropäischen Offshore-Bedingungen jedoch besonderen Herausforderungen ausgesetzt. Entsprechend robust und gleichzeitig explosionsgeschützt müssen die Komponenten ausgelegt sein, um hier zuverlässig ihren Dienst zu verrichten – dies gilt auch für industrielle Sensoren, wie Pepperl+Fuchs sie entwickelt und produziert.


„Wir Norweger sind eng verbunden mit dem Wasser und kennen die Gefahren und Herausforderungen. Zuverlässige Technik ist auf See überlebenswichtig. Das wusste schon Roald Amundsen bei der Bestückung seiner Schiffe“, spielt Arve Svela Nikolaisen mit einem Schmunzeln auf den legendären norwegischen Polarforscher und Entdecker des Südpols an. Als Key Account Manager bei Pepperl+Fuchs betreut er namhafte Hersteller von Marine-Equipment wie etwa von Anker- und Verholwinden. „Es gibt wohl nur wenige Umgebungen, die Anker- und Verholwinden an Tankern und Ölbohrplattformen so viel abverlangen wie die Polarmeere: Seewasser, salzhaltige korrosive Luft, permanente Schwingungen und Schocks durch hohen Seegang – der tägliche Betrieb ist hier ein Dauerstresstest für solche Komponenten“, berichtet er. Trotz dieser Widrigkeiten verlässlich ablaufende Vorgänge sicherzustellen, sei die Herausforderung, der sich seine Kunden täglich gegenübersähen. „Das Ablassen und Einholen eines Ankers über eine dieser Winden ist ein exaktes Zusammenspiel zwischen Pneumatik, Hydraulik und Elektronik“, skizziert er.

Gemeinsam rohe Kräfte zähmen

Eine Aufgabe, die einen Anbieter von Marine-Equipment dabei jüngst beschäftigte, betraf die Optimierung der sogenannten Kettenstopper – einer Arretierungsvorrichtung, die dazu dient, beim Ablassen des Ankers die eigentliche Winde von der Zugkraft der Ankerkette zu entlasten. „Ein einziges Kettenglied kann ein Gewicht von bis zu 280 Kilogramm erreichen. Um Materialschäden und kostenintensive Verzögerungen des Betriebsablaufs durch übermäßiges Schwingen solch einer massiven Kette zu verhindern, ist ein möglichst sicherer Start-/Stopp-Vorgang nötig. Hierfür wollte unser Kunde die Genauigkeit bei der Positionsbestimmung durch den Einsatz entsprechender Sensoren weiter verbessern“, beschreibt Nikolaisen die Aufgabenstellung, die an ihn und seine Kollegen in der norwegischen Pepperl+Fuchs Niederlassung in Porsgrunn herangetragen wurde. „Wir arbeiten bereits seit längerer Zeit intensiv mit diesem Kunden als Partner bei der Sensorik zusammen. Dort schätzt man zum einen unsere außergewöhnlich robusten und langlebigen Sensoren. Zum anderen bringen wir das nötige Wissen im Bereich des elektrischen Explosionsschutzes mit, das bei der Öl- und Gasförderung essenziell ist.“

Porsgrunn, Telemark Porsgrunn in Telemark ist der Sitz der norwegischen Tochtergesellschaft von Pepperl+Fuchs.

Flexibilität ist Trumpf

Nach einer ersten Analyse der zu lösenden Anwendung entschied man sich zunächst dafür, den Einsatz explosionsgeschützter, induktiver Näherungsschalter zu erproben, die sich bekanntlich gut zur Detektion ferromagnetischer Metalle, wie etwa Ankerkettengliedern, eignen. „Die Testläufe zeigten uns jedoch, dass induktive Näherungsschalter für diese sehr spezielle Anwendung nicht die ideale Lösung bieten. Durch den heftigen Seegang ausgelöste Seitwärtsbewegungen der Kette führten zu gelegentlichem Verfehlen der Schaltfahne“, schildert Nikolaisen die Erkenntnisgewinne aus der Praxis.


Das Team entschied sich also für einen Richtungswechsel, bei dem sich die breite Produktpalette von Pepperl+Fuchs als großer Vorteil erwies: Mit dem F99 fiel die Wahl nun auf einen der bewährten Neigungssensoren aus dem Portfolio der Automatisierungsspezialisten. Diese Komponenten werden häufig im Bereich Mobile Equipment verbaut, etwa an Radladern oder Mobilkränen, schienen jedoch auch für die Offshore-Applikation eine geeignete Lösung zu bieten: Mit einem Winkelmessbereich von 0…360° und einer hohen Resistenz gegenüber mechanischen Schocks und elektromagnetischen Interferenzen sollte der F99 in der Lage sein, über ein 4…20-mA-Normsignal hochpräzise Messergebnisse zur Steuerung der Anker- und Verholwinden zu liefern.

Nicht ohne Ex-Schutz

Damit auch der Auftraggeber von diesen hochpräzisen Messergebnissen würde profitieren können, war jedoch ein weiteres, entscheidendes Kriterium zu beachten – der in der Öl- und Gasindustrie so wichtige elektrische Explosionsschutz. Da der F99-Neigungssensor an sich keine Zertifizierung für den Einsatz in explosionsgefährdeten Bereichen besitzt, waren in dieser Hinsicht entsprechende Maßnahmen nötig. „Seit einiger Zeit integrieren wir bei Pepperl+Fuchs verstärkt Komponenten wie RFID-Schreib-/Leseköpfe oder Distanzsensoren ohne Ex-Zulassung in entsprechende Gehäuse der Zündschutzart Ex d. Diese Verbindung unserer Expertise in den Bereichen Fabrik- und Prozessautomation ist zunehmend gefragt am Markt. Damit eröffnen wir vielen Anwendern ganz neue Möglichkeiten, Arbeitsabläufe in explosionsgeschützten Bereichen zu automatisieren“, kommentiert Nikolaisen.


Folglich wurde auch der F99 in ein druckfest gekapseltes Ex-d-Gehäuse implementiert. Hier setzte man auf die GUB-Baureihe von Pepperl+Fuchs, die sowohl in Aluminium als auch in Edelstahl ausgeführte Gehäuse verschiedener Größen beinhaltet. „Angesichts der extremen Umgebungsbedingungen in den Polarmeeren haben wir uns für eine Edelstahlvariante entschieden. Durch das äußerst kompakte aber robuste Gehäuse erfüllen wir zudem nicht nur die Anforderungen des elektrischen Explosionsschutzes, sondern erzielen auch den willkommenen Nebeneffekt, dass der Neigungssensor selbst einen massiven zusätzlichen Schutz vor der widrigen Umgebung erhält“, erläutert Nikolaisen die technische Umsetzung.

Bis ins letzte Detail

So konnte Pepperl+Fuchs schließlich eine schlüsselfertige Lösung übergeben, die keinerlei Wünsche offenließ. „Für den mechanischen Schutz der Kabel haben wir diese in ein spezielles Kabelschutzsystem integriert und dafür maßgeschneiderte, explosionsgeschützte Kabelverschraubungen entwickelt. Zudem können wir die Kabel direkt in passenden Längen liefern, falls die Einbaubedingungen auf einer Bohrinsel oder einem Schiff hier Anpassungen erfordern. Durch dieses One-Stop-Shopping spart der Kunde wertvolle Zeit ein“, resümiert Nikolaisen.

Zitat Bild

Arve Svela Nikolaisen, Key Account Manager bei Pepperl+Fuchs Norwegen

Durch dieses One-Stop-Shopping spart der Kunde wertvolle Zeit ein.

Indes sind die Ergebnisse der Kooperation bereits im Einsatz. Nicht nur in den eisigen Polarregionen, sondern auch auf FPSO-Schiffen im südchinesischen Meer finden sich nun Anker- und Verholwinden, die mit der neuen Lösung zum Kettenstopp ausgestattet sind. Damit reiht sich Pepperl+Fuchs an der Seite eines Herstellers von Marine-Equipment mit in die Tradition des großen Entdeckers Amundsen ein – schließlich erreichte dieser nicht nur zuerst den geografischen Südpol, sondern segelte auch als erster Mensch über die Nordwestpassage vom Atlantik in den Pazifik.